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Sintschenko V.V.

Doktor der Philosophienwissenschaften, Kiew, Ukraine

 

DIE IDEOLOGISHEN KRIEGER DER GLOBALISIERUNG:FEINDSCHAFT IDEOLOGISHE FRONT DES NEOLIBERALISMUS GEGEN GESELLSCHAFTLICHE ALTERNATIVEN

 

Sind die Bewußtseinsformen, die die imperialistische Gesellschaft hervorbringt und in denen diese Gesellschaft sich spiegelt, mit Notwendigkeit solche der Irrationalität (zumindest der eingeschränkten Rationalität), so wechseln freilich die Gestalten des Irrationalen – seine Inhalte wie seine Formen – mit der Geschichte des Imperialismus selbst. Am Beginn dieser Geschichte – die von der deutschen Romantik bis zur Postmoderne reicht – stehen andere als an ihrem Ende. Trotz einer dem Anschein nach amorphen Vielgestalt läßt sich in dieser Geschichte eine Reihe fester Motive, eine ideologische Grundkonstellation ausmachen, die allen ihren Gestalten gemeinsam ist; in einer Weise, daß hier vom Irrationalen als einem historisch-logischen Schematismus gesprochen werden kann: Es handelt sich um einen logischen Schematismus, der seine geschichtlichen Gründe besitzt und in wechselnden geschichtlichen Formen auftritt. Der konstitutionelle Irrationalismus, dies ist meine Grundthese, liegt als historisch-logischer Schematismus der gesamten Kultur- und Geistesgeschichte des imperialistischen Zeitalters – der in diesem Sinn verstandenen Moderne –, liegt allen seinen geistigen Lebensäußerungen zugrunde, dem Alltagsbewußtsein wie den Künsten und der hohen Theorie, mögen sich die Träger dieser Lebensäußerungen dieses Tatbestands bewußt sein oder nicht. In einer ersten, stichwortartigen Liste sind, im Sinne einer Grundorientierung, folgende Motive zu nennen, die die ideologische Kernkonstellation des Irrationalismus – das Irrationale als Bewußtseinsform – konstituieren: ein erkenntnistheoretischer Agnostizismus und ontologischer  Antirealismus  (meist in der  Form eines Anti-Materialismus),  die  Negation  eines rational Allgemeinen, die Abwertung von Verstand und Vernunft, häufig verbunden mit dem Verweis auf diesen unzugängliche und übergeordnete Mächte oder Erfahrungen, die Inthronisation der Intuition als erstes Medium des Weltwissens, damit verbunden die Leugnung der Validität des wissenschaftlichen Wahrheitsbegriffs (in Extremfällen des Wahrheitsbegriffs überhaupt), das Leugnen rational verbindlicher (begründbarer und einsehbarer) ethischer, ästhetischer und politisch- rechtlicher Normen (so von Völker- und Menschenrecht), das Ersetzen rationaler Begründungen und begründeter Entscheidungen durch den dezisionistischen Akt, die Frontstellung gegen Aufklärung,   Humanismus,   Sozialismus,   gegen   rationalistisches   Denken,   wissenschaftliche Vernunft, Dialektik. Irrationalismus, so kann gesagt werden, heißt eine Weltauffassung und ein praktisches Verhalten, das die Erkennbarkeit und rationale Gestaltbarkeit (in Extremfällen auch die Existenz) objektiv gegebener (an-sich seiender, gesetzmäßig verfaßter) Wirklichkeit grundsätzlich leugnet, an die Stelle der Vernunft alogische Wesenheiten setzt (d. h. solche, die widervernünftig, der Vernunft prinzipiell unzugänglich, «höher als die Vernunft» sind), im Sinn von Subjekt und Welt bestimmenden, also ontologisch determinierenden, sinnstiftenden Mächten.

Nicht nur der explizite Irrationalismus in der Philosophie und den Künsten, sondern auch andere dominante Formen bürgerlichen Denkens im 20. Jahrhundert sind in letzter Analyse dem genannten Schematismus verhaftet. Dies gilt für Positivismus und analytische Philosophie ebenso wie für den Existentialismus und die Ideologien des Absurden. Sind erstere Reduktionsformen der Rationalität, so letztere Reduktionsformen des Subjekts bzw. der Versuch, die Irrationalität des Ganzen der Gesellschaft in einen ontologischen  Widersinn zu  transformieren.  Alle diese geistigen Formen haben gemein, daß sie an der Erkenntnis der gegenwärtigen Gesellschaft als strukturierter Totalität – als historisches Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse – scheitern oder, wie die analytische Philosophie seit Wittgenstein, in bewußter Entscheidung auf solche Erkenntnis verzichten. – Diese Problematik betrifft nicht nur die Theorie, sondern im gleichen Maß auch die Künste.

Mit dem Begriff des logisch-historischen Schematismus ist keinem blinden Determinismus das Wort geredet. »Schematismus« meint hier einen logisch-historischen Bedingungsrahmen – ein Gefüge von geschichtlich determinierenden Bestimmungen des Bewußtseins und Denkens –, in dem geistige Äußerungen stehen und zu dem sie sich verhalten, denen sie sich unterwerfen, die sie aber auch in einem bestimmten Grad überwinden können. Selbstverständlich gibt es rationales Denken auch in der imperialistischen Gesellschaft, doch sicher nicht »naiv« – nicht ohne daß sich dieses mit seinen ideologischen Bedingungen, zu denen der Irrationalismus zentral gehört, auseinandergesetzt hat. Als Regel dürfte gelten, daß die Position eines bewußten Widerstands zum Imperialismus als Gesamtsystem – im gewissen Sinn: eine logisch-politische »Außenposition« – die epistemische Bedingung dafür ist, dieses System als historisches Ensemble gesellschaftlicher Verhältnisse zu durchschauen und damit als »strukturierte Totalität« (Leo Kofler) erkennen zu können. Nur eine im Prinzip oppositionelle Theorie kann den Gesamtprozeß noch als rationalen fassen, die Irrationalität des Ganzen rational diagnostizieren und damit auf den Begriff bringen. Von einer »Innenposition« her, d. h. von der Position prinzipieller Akzeptanz der gegebenen Produktions- und Herrschaftsverhältnisse (wobei diese Akzeptanz kein bewußter Akt zu sein braucht)  ist  eine  solche  Erkenntnis  nicht  möglich.  Dies,  nicht  der  mangelnde  Intellekt  ihrer Vertreter ist der Grund dafür, daß es heute, soweit ich sehe, keine bürgerlichen Theorien der gegenwärtigen bürgerlichen Gesellschaft mehr gibt, die deren Komplexität zu erfassen vermögen (man sage mir nicht, ein Habermas oder Sloterdijk hätte eine solche Theorie geliefert). Alles, was es noch gibt, sind Theorien von Teilaspekten.

Die Einsicht in den notwendigen Zusammenhang von imperialistischer Gesellschaft und Irrationalismus  bedeutet  nicht,  daß  das  Irrationale  ein  in  dieser  Gesellschaft  unaufhebbares Schicksal ist. Es kann, als Teil der Mechanismen der Gesellschaft, die es hervorbrachte, erkannt und durchschaut werden. Bedingung dafür freilich ist (als die Bedingung einer Möglichkeit, nicht als Garantie) eine bestimmte kognitive Haltung: die bewußte Opposition gegen den Imperialismus als Gesamtsystem. Eine solche Haltung ist heute zur Bedingung jeder Rationalität geworden, die mehr ist als Summe der gegebenen Partialrationalitäten – Bedingung für den Begriff der gegenwärtigen Gesellschaft als einer ganzen.

 

Nach dem Gesagten kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Postmoderne in den Zusammenhang des Irrationalismus gehört. Die Negation des Allgemeinen und Universalen zugunsten einer partikularen Differenz, der programmatische Agnostizismus und das Theorem der Unerkennbarkeit der Welt, das Konzept der Wirklichkeit als Konstruktion, die Behauptung der Invalidität aller erkenntnistheoretisch-ontologischen, ethischen und ästhetischen Kernbegriffe (insbesondere des dialektischen Denkens), die Ablehnung jeder Art verbindlicher Normen, Ideale, Vorbilder,   der   programmatische   Antirealismus,   die   These   des   disponiblen   Subjekts,   die Frontstellung gegen Rationalität, Wissenschaft, Aufklärung, Humanismus, Marxismus – an allen diesen Punkten ist der Irrationalismus an den Haaren zu greifen. Es ist also durchaus nicht zufällig, wenn die postmoderne Theorie bewußt und programmatisch an die Linie Schopenhauer, Kierkegaard, Nietzsche, Heidegger anschließt, in ihren aggressivsten Varianten (wie auch Manfred Frank notiert hat) auch auf Gedankenelemente eines Baeumler, Klages und Spengler zurückgreift, selbst wenn diese Traditionen weitgehend über den Umweg eines «neu-französischen», «nach- poststrukturalistischen» Irrationalismus angeeignet werden [1]. Ja, Derrida bezeichnet es geradezu als philosophische «Pflicht», «alles zu tolerieren, was sich nicht der Autorität der Vernunft fügt». Der zynische Schwindel im Umgang mit Wissenschaft, den Sokal und Bricmont bei namhaften Vertretern dieses Klubs aufgedeckt haben[2], ist also alles andere als zufällig – der postmoderne Unsinn hat Methode. Der implizite Irrationalismus der Postmoderne ist freilich nicht allein bei den sogenannten Meisterdenkern manifest. Er legt sich wie Mehltau über die gesamte gegenwärtige Kultur-  und  Bewußtseinsindustrie  und  droht, jede echte  individuelle  Artikulation  zu  ersticken. Mittlerweile reicht er von Talkshow und Feuilleton bis in die hehren Höhen von Bayreuth und Salzburg. Seine Exzesse feiert er im sogenannten Regietheater. Gerade auf dem Gebiet der Künste tritt die Leugnung der Verbindlichkeit ästhetischer wie ethischer Normen, gerade auch von verbindlichen Kriterien der Wertung, in besonders drastischer Gestalt zutage.

In der Geschichte des Irrationalismus freilich besitzt die Postmoderne eine in mancher Hinsicht besondere Gestalt. Sie besetzt hier einen bestimmten historischen Ort. War der traditionelle Irrationalismus politisch meist mit konservativen, oft auch profaschistischen Optionen verbunden, so artikuliert sich dieser neue Irrationalismus in der Regel radikal, gelegentlich auch (zumindest in der Rhetorik) kapitalismuskritisch und «links». Seppmann hat diesen Sachverhalt als «Paradox» der Postmoderne scharf herausgearbeitet: Diese setzt mit der Thematisierung von Krisenerfahrungen an, verschweigt aber deren reale Ursachen, bezieht sich positiv auf die Symptome eines radikalen sozio-kulturellen Wandels, lenkt jedoch von den sozio-strukturellen Konsequenzen ab. Die Postmoderne, so läßt es sich auch sagen, geht aus von den Widerspruchserfahrungen der entwickelten imperialistischen Gesellschaft, ist jedoch unfähig (oder auch nicht willens: im Resultat läuft beides auf das Gleiche hinaus), diese Widerspruchserfahrungen auf den Begriff zu bringen. Sie scheitert beim Erfassen dieser Widersprüche. Von ihren Voraussetzungen her kann sie dazu auch gar  nicht  imstande  sein:  weder  von  den  theoretischen  Prämissen  noch  von  der  ihr  zugrunde liegenden logisch-historischen Position. Ich spreche von Scheitern, sofern sie noch ernsthaftes Denken und nicht nur Scharlatanerie und frivoles Spiel ist. Sie scheitert, so läßt sich sagen, an der Extremität dieser Widersprüche. Insofern ist sie Ideologie in einem sehr spezifischen Sinn: notwendig  falsches  Bewußtsein  der  entwickelten  imperialistischen  Gesellschaft.  Dieser  Punkt, meine ich, ist der Kern ihrer Genesis als Bewußtseinsform und ideologische Formation. In entwickelter und durchgesetzter Gestalt dann (im erläuterten Sinn einer Präsenz in allen gesellschaftlichen Bereichen) erfüllt sie die Funktionen, über die wir gesprochen haben und die im Effekt auf Affirmation und Stabilisierung imperialistischer Herrschaft hinauslaufen – ein Effekt, der um so wirksamer ist, weil er oppositionelle Potenzen integriert, in einer Weise, die keine offen affirmative oder gar konservative Ideologie zu leisten imstande wäre.

Es ist dieser Punkt, der noch einer abschließenden Erläuterung bedarf. Zu diesem Zweck beziehe ich mich auf einen Leitartikel von Ignacio Ramonet in der englischen Ausgabe von Le Monde diplomatique vom März 2002, «Die andere Achse des Bösen». Ramonet schreibt:

Wir müssen uns bewußt sein, daß der Neoliberalismus die Gesellschaftsordnung an drei Fronten angreift. Die ökonomische Front, die wichtigste, da sie die ganze Menschheit betrifft, steht unter der Leitung des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Welthandelsorganisation. Sie bilden die wirkliche Achse des Bösen. Dieses abscheuliche Triumvirat schafft umfassende Verheerungen und versucht, ein ökonomisches Programm durchzusetzen, das auf der Vorherrschaft des privaten Sektors und der Märkte wie des Profits beruht.

Die zweite Front ist ideologisch, und sie ist schweigsam und unsichtbar. Eine ganze Industrie gibt es, deren Ziel es ist, die Menschheit zu überzeugen, daß die Globalisierung universales Glück bringt. Diese Industrie benötigt die aktive Kollaboration der Universitäten und Forschungsinstitutionen sowie die Kooperation jener Medien, die von Journalisten weltweit kopiert werden. Bewaffnet mit Information, haben die ideologischen Krieger der Globalisierung eine Diktatur geschaffen, die von der schweigenden Komplizenschaft derer abhängt, die sie unterwirft. Die dritte Front ist die militärische.

Die Ära des Respekts für Menschenrechte ist vorbei. Die IWF/Weltbank/WHO-Achse des Bösen hat bislang ihre wahre Natur versteckt. Jetzt zeigt sie, was sie wirklich ist.

Das Zitat war notwendig, weil der Text in äußerst präziser Form den Zusammenhang skizziert, in dem die Postmoderne als Bewußtsein und ideologische Formation ihre Wirkung entfaltet. So lautet meine These (ich bin mir sicher, daß von allen hier vorgetragenen Gedanken dieser mit der geringsten Akzeptanz zu rechnen hat), daß die Postmoderne Teil ist – versteckt, aber desto wirkungsvoller – der ideologischen Front der neoliberalen Offensive, vielleicht sogar ihr zentraler Teil. Die Postmoderne, meine ich, ist die adäquateste Bewußtseinsform des global expandierenden Imperialismus, seiner avanciertesten, «progressivsten» Fraktion.

Es wird einzusehen sein, daß alle direkt-affirmativen, insbesondere traditionell-konservativen Apologien der imperialistischen Expansion angesichts der Härte der produzierten Widersprüche mehr und mehr disfunktional geworden sind. Nur Ideologien, die diese Widersprüche und die mit ihnen verbundenen Erfahrungen der Krise und Entfremdung aufnehmen und verarbeiten (wie scheinhaft auch immer), haben die Chance auf weite Akzeptanz und Wirksamkeit. Der christliche Fundamentalismus der Bush-Fraktion etwa, wie andere offen reaktionäre und protofaschistische Ideologien, so gefährlich sie in bestimmten Lagen immer wieder sein mögen, ist im Grunde historisch obsolet. Die neoliberale Expansion benötigt Ideologien, die (wenn auch in einem rein formalen Sinn) einer globalen Demokratisierung das Wort reden, die Verschiedenheit der Kulturen und Vielfalt der Lebensstile akzeptieren – rassistische Theoreme sind dem avancierten Kapital heute hinderlich. Seine Idealgestalt ist die Figur des ewigen Konsumenten: des Käufers, dem das Geld nie ausgeht, und im globalen Supermarkt sind wir alle gleich. Das neoliberale Prinzip der Gleichheit ist unmittelbar ein ökonomisches: Es ist identisch mit dem des Tauschwerts. So wenig dieser Rassen kennt, so wenig kennt er Geschlechter. Die Gleichstellung der Frau ist, wiederum in einem rein formalen Sinn, dem avancierten Kapital durchaus kompatibel. So bedarf dieses der Ideologien, die sowohl nicht-rassistisch als auch, in bestimmter Begrenzung, feministisch sind. Political correctness ist ein Kind ganz nach seinem Sinn. Das avancierte Kapital kann sich also mit gutem Gewissen und ohne Heuchelei demokratisch nennen – so lange Demokratie sich auf tauschwertförmige Gleichheit, die égalité der gleiche Waren konsumierenden Konsumenten beschränkt. Es zeigt seine Zähne, wenn die formal Gleichen mehr wollen als dies: gleiche Rechte, Mitsprache, Mitentscheidung, angemessene Anteile am erwirtschafteten Reichtum, Bildung, Wissen und Wahrheit, vielleicht sogar Demokratie als Volksherrschaft – die Volksrepublik – einklagen; wenn sich die gleichgemachten Demokraten als aufmüpfig: als Aufklärer, Sozialisten, gar Kommunisten aufzuspielen wagen. Die Maske der Gleichheit wird dann sehr schnell abgelegt, und das Kapital zeigt sich als das, was es von Beginn an ist: ein sehr wirkliches Monstrum, «von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend» (Karl Marx, MEW Bd. 23, 788).

Mit diesen Überlegungen befinden wir uns inmitten der Postmoderne. Sie erläutern, daß es sehr genau eine Ideologie wie die Postmoderne ist, der das avancierte Kapital bedarf: modern, schick, multi-kulti, politisch korrekt, ganz auf das Jetzt bezogen, ohne den Ballast der großen Erzählungen, der Geschichte und der Tradition, die Subjekte frei disponibel, flexibel und gewissenlos, mit Spiel und Spaß bei der Sache, Sex ohne Zwang, und doch auch mitreden könnend in Salzburg und Bayreuth (wenn man die Kohle hat), bei literarischem Quartett und philosophischer Talkshow, beim Geschwätz über die «Konstruktion des Humanen», selbstverständlich «nach dem Humanismus»[3], den Blick in eine Zukunft gerichtet, in der es «kein Weltbild mehr gibt und «kein Subjekt», «die Differenz zwischen Körper und Bild» verschwindet [4].

 

Sämtliche  gedanklichen Kernelemente  des Postmodernismus,  so ließe sich zeigen, entsprechen exakt dem, was heute von einer Ideologie des avancierten Kapitals – einer Ideologie, die an der ideologischen Front der neoliberalen Globalisierung ihre Funktion optimal erfüllt – erwartet werden kann. Sicher, die Komplizenschaft der Postmoderne mit der neoliberalen Offensive ist geheim – zur Funktionsweise dieser Ideologie gehört, daß sie geheim bleibt, gehört der Gestus der Radikalität, der Political correctness, gelegentlich auch als Ornament ein Stückchen Kapitalismuskritik. Aus dieser Komplizenschaft aber erklärt sich die Frontstellung: gegen Dialektik und Vernunft, gegen Utopien und Ideale, gegen die Erzählung, die geschichtlich erläutert und Zusammenhänge  ins Bewußtsein trägt, gegen die Ableitung aus Gründen, gegen rationale Welterklärungen jeder Art. Diese Komplizenschaft erklärt vor allem die Feindschaft gegen Aufklärung und Kommunismus. Es ist die Feindschaft gegen die historischen Exponenten eines alternativen Lebensentwurfs.

 

 

Literaturverzeichnis:

1.Seppmann W. Das Ende der Gesellschaftskritik? Die «Postmoderne» als Realität und

Ideologie.– Köln, 2000. – S. 267–274.

2.Sokal A.,Bricmont J. Intellectual Impostures. Postmodern Philosophers’ Abuse of Science. – London, 1999 (deutsch – München, 1999).

3.Jäger L. Der Buchstabe macht lebendig. Nach dem Humanismus: Peter Sloterdijk, Michel Houellebecq, Alain Finkelkraut und Peter Weibel diskutieren im ZKM. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. –  v. 5. – Mai 2010.

4.Kruse C. Bilder an die Macht. Wissenschaftler aller Disziplinen feiern den «Iconic Turn». In: Süddeutsche Zeitung. – v. 5./6. Juni 2011.

 

 

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