Ýêîíîìè÷åñêèå íàóêè / 13. Ðåãèîíàëüíàÿ ýêîíîìèêà
Wassiljew J.A., Jermolowa J.A., Jaizkaja N.W.
Filiale der Sankt
Petersburger Staatlichen Universität für Wirtschaft in Weliki
Nowgorod
DER HANDEL IN WELIKI
NOWGOROD VOM 10. BIS
14. JAHRHUNDERT
Das alte Nowgorod
(die erste Erwähnung in den Chroniken gehört in das Jahr 859) war
nicht nur ein Militärvorposten «ein Nordwächter der Rus», sondern auch das
größte Handwerks- und Handelszentrum. Es wurde ursprünglich angenommen, dass
Handel die Grundlage der mittelalterlichen Nowgoroder Wirtschaft bildete.
Heute ist es
aber überzeugend belegt, dass der
Hauptwirtschaftszweig (so wie auch in anderen Ländern und
Fürstentümern der Rus) die Landwirtschaft war. Andererseits
führte die Lage der Nowgoroder Länder in der Zone der „riskierten
Agrikultur“ (wenig fruchtbare Erden und rauhes Klima) zum ständigen Mangel
an Lebensmitteln. Die Situation verschärfte sich durch schlecht
entwickelten Ackerbau (Brandrodung und niedriger Ernteertrag) und Fehlen von
frostbeständigen Getreidearten (hauptsächlich Roggen). Von Zeit zu
Zeit brach Hunger als Folge von Kriegen und Missernten aus.
Dies hat
seinerseits eine bedeutende Entwicklung des Handels bedingt, weil man fehlendes
Brot und andere Nahrungsmittel aus den zentralen und südlichen
Ländern der Rus und des Wolgagebietes («Ponisowski Länder») einführen
musste. Ebenso förderte dies die Entwicklung des Gewerbes (Jagd,
Fischerei, Zeidlerei etc.) und des Handwerks. Außerdem hatte der
Außenhandel eine riesige Bedeutung für Nowgorod. Nowgorod
überwachte den nördlichen Abschnitt des Weges « von den Warägern
zu den Griechen », d.h. aus Skandinavien und den baltischen Ländern nach
Byzanz (auf dem Dnepr-Wasserweg) und bis zum Kaspischen Meer und Mittelasien
(auf dem Wolga-Wasserweg). Aus Mangel an passenden Landeswegen und ihrer
Gefährlichkeit wurde der Handel vorzugsweise auf dem Wasserweg und durch das
Portagensystem betrieben. Die Nowgoroder hatten enge Handelsbeziehungen zu
ausländischen und russischen Kaufleuten aus anderen
Fürstentümern. Im 12. Jahrhundert gab es schon auf der Insel Gotland
und in Kiew (später auch in livländischen Städten) ständige
Nowgoroder Handelshöfe.
Aus dem
Norden brachte man Silber (aus Deutschland, England u.a.), Eisen, Buntmetalle
und Erzeugnisse aus Buntmetallen (z. B. Kupfer, Zinn und Blei aus Schweden,
England, Spanien, Ungarn, Tschechien etc.), Bernstein (aus Baltischen
Ländern, obwohl man Bernstein auch im
Dnepr-Gebiet bei Kiew finden konnte), Stoffe
(z.B. Tuche aus England, Flandern, Deutschland, Spanien), Erzeugnisse aus Glas
(Halsketten, Ringe, Geschirr, Fensterglas), Waffen u.a.m.
Aus dem
Süden und Osten kamen Gold, Silber, Luxusartikel, Wein, Seide, Brot, und
andere Nahrungsmittel, Gewürze und Süßwaren, Erzeugnisse aus
Glas etc. Es gab auch Sklavenhandel, der allmählich nach der Taufe der Rus
verschwand. Die russischen Länder lieferten vor allem Rauchwaren, Honig,
Wachs, wertvolle Fischsorten (Störfleisch, Beluga, Sterlet, Sternhausen,
Weißlachs etc.), Erzeugnisse aus Eisen, Waffen u.a.m.
Beim
absoluten Vorherrschen der Warenbeförderung auf dem Wasserweg gab es doch
Waren, die auf den Landwegen z. B. aus Westeuropa, geliefert wurden. Altrussische
Städte waren gleichfalls wichtige Handelspartner Nowgorods. Der Torg
(Marktplatz) war das Handelszentrum Nowgorods. Er lag auf dem Jaroslaw-Hof auf
der Handelsseite der Stadt. Der Torg war nicht nur ein Marktplatz, hier zogen
sich lange Reihen von Läden, Werkstätten und Lagerräumen. Als
Lagerräume dienten auch die unteren Stockwerke der in der Nähe
liegenden Kirchen, die von den Verbänden der Kaufleute aufgebaut wurden.
In den Kirchen wurden auch ihre Kontore eingerichtet. Die Myrrhophoren - Kirche
hatte drei Stockwerke. Das Erdgeschoss und das erste Stockwerk wurden dabei als
Lagerräume genutzt.
Nowgoroder
Kaufleute schlossen sich zu den Handelsverbänden zusammen, die manchmal sotni (Hunderte) genannt wurden. Die
größte war Iwanskaja sotnja
der Johannes - Kirche auf den Opoken. Kaufleute, die zu diesem Verband
gehörten, betrieben Wachshandel und zahlten den riesigen Mitgliedsbeitrag
von 50 Silbergriwna (ca. 10 Kilogramm). Eine grosse Bedeutung hatten auch Gosti (Kaufleute), die den
Auslandshandel führten. Der gemeinsame Handel (Skladnitschestwo) war sehr verbreitet.
Das Fell von
Pelztieren (Bela, Kuna u.s.w.) diente auch als Tauschmittel im Handel.
Außer Silbergriwna (ca. 400 Gramm Silber), die überall im Umlauf
war, wurden auch ihre Stücke (Resany),
sowie europäische und arabische Münzen verwendet. Nach der
mongolischen Invasion (im 12. Jahrhundert) verschwanden sie zeitweilig. Da beginnt
die Periode, die durch die Herrschaft des "Pelzgeldes“ sowie den Naturaltausch
gekennzeichnet ist. Später verbessert
sich die Situation und Nowgorod beginnt eigene Münzen zu prägen.
Haupthandelspartner
Nowgorods waren vom 10. bis 12. Jahrhundert kaufmännische Verbände
von der Insel Gotland (Dänemark) und seit dem 14. Jahrhundert – die Hanse.
Die Beziehungen zwischen ihnen bildeten sich aufgrund der Abkommen, deren
Parteien absolut gleich berechtigt waren. Mit der Zeit gewinnen die Beziehungen
zu dem Orden und livländischen Städten Riga, Rewel (Tallinn, rus. – Kolywan), Narva (rus. – Rugodiw), Derpt (Tartu, rus. – Jurjew) immer mehr an Bedeutung.
Die westlichen
Kaufleute besaßen in Nowgorod zwei Handelshöfe – einen
gotländischen Hof mit der Olafskirche (Gotenhof) und einen deutschen mit
der St.-Peter-Kirche, die im 11. und 12. Jahrhundert errichtet wurden.
Die Beziehungen zwischen den Verbänden der Nowgoroder und westlichen
Kaufleuten regelten nicht nur spezielle Abkommen und Urkunden der Fürsten,
sondern auch seit dem 13. Jahrhundert das Statut des deutschen Hofes («Schra»),
das einige Fassungen hatte. Die Parteien bemühten sich um die
günstigeren Bedingungen, so wurde z. B. Einzelnhandel mit westlichen
Waren, Aufenthalt der deutschen Kaufleute in den russischen Häusern, Anwerbung
von Deutschen als Güterverlader und Lotsen verboten. Bei ihrem Aufenthalt in
den Hansestädten wohnten russische Kaufleute unter ähnlichen
Bedingungen.
Die Handelsbeziehungen
mit Gotland und der Hanse waren intensiv aber ungleichmäßig. Dies
wurde nicht nur durch ökonomische Schwierigkeiten oder gegenseitige
Ansprüche der Kaufleute bedingt, sondern auch durch die Verschärfung
der Situation in der Außenpolitik z. B.
Konflikte mit der Führung des Livländischen Ordens. Manchmal wurden die
Waren gegenseitig beschlagnahmt und die Kaufleute verhaftet. Es kam vor, dass
die Höfe für einige Jahre geschlossen wurden. Der Handel wurde dabei
illegal betrieben. So geschah es z. B. 1494 nach der Schließung des
gotländischen Hofes durch Iwan III. Die Schließung war Reaktion auf
die Todesstrafe für zwei Russen in Rewel. Dies verletzte das Abkommen mit
Livland von 1493. Die russische Regierung versuchte, die Privilegien der
Hansekaufleute einzuschränken und günstige Bedingungen für
eigene Kaufleute in Livland zu schaffen, weil dorthin das Zentrum des
ausländischen Handels aus Nowgorod versetzt werden sollte. Nur nach der
Normalisierung der Beziehungen wurde das Hansekontor in Nowgorod 1514 wiederhergestellt. Aber nach dem schrecklichen
Brand 1541, der fast ganze Handelsseite einschließlich der
ausländischen Höfe zerstörte, wurde der Hansehof in den
Nowgoroder Quellen nicht mehr erwähnt.
Es gab auch Ereignisse,
die einen stärkeren Einfluss auf den Zustand des Nowgoroder Aussenhandels
hatten z.B. die mongolische Invasion, die den südlichen Dnepr- und Wolga -
Wasserweg zeitweilig sperrte, Konstantinopel-Eroberung durch die Kreuzritter,
dann durch die Türken. Das verursachte eigentlich die Umorientierung der
ökonomischen Beziehungen Nowgorods nach Westen. Eingliederung Nowgorods in
den Moskauer Staat 1478, Pogrom durch Iwan den Schrecklichen (Iwan IV.) und die
Opritschniki 1570, schwedische Okkupierung während der Wirrniszeit (der
sogenannten Smuta)1598–1612
beeinflussten sowohl den Handel als auch den Zustand der Kaufmannschaft. Obwohl
das Handelsleben in manchen Perioden zurückging, oder völlig zum
Stillstand kam, wurde es jedoch in Nowgorod sehr schnell wiederaufgenommen. Kaufleute aus anderen Ländern
einschließlich Moskau wurden dorthin umgesiedelt. Iwan der Schreckliche
überwachte den Nowgoroder Handel persönlich. Nach dem Pogrom wurde
die Handelsseite, die den höchsten Ertrag brachte, der Opritschnina
angegliedert, und die Steuern gingen an den Zarenhof. Nur Archangelsk (1584
gegründet) konnte mit Nowgorod um das Sortiment und die Menge der
ausländischen Waren rivalisieren, aber Archangelsk hatte
hauptsächlich Handelsbeziehungen zu England. Nowgorod verlor seine
Bedeutung als «Fenster nach Europa» nur nach der Gründung St. Petersburgs.
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