Artikel  und seine Funktionen in der deutschen Sprache

Samsonowa Natalia Ivanovna

Kostanaier  staatliche Universität von A. Baitursinov

 Zur Wortart Artikel (auch: Begleiter, in Schulgrammatiken auch: Geschlechtswort) zählen Wörter, die in Verbindung mit einem Substantiv stehen und die dessen Definitheit ausdrücken. Das Deutsche unterscheidet zwischen bestimmtem Artikel (der, die, das), unbestimmtem Artikel (ein, eine) sowie dem sogenannten Nullartikel, also Stellen, an denen kein Artikel verwendet werden darf. (Beispiel: „Kannst du mir Geld leihen?“).

      Die deutschen Artikel kongruieren mit dem Substantiv, zu dem sie gehören, in den grammatischen Kategorien Genus, Numerus und Kasus. In vielen Fällen sind diese Kategorien eher am Artikel erkennbar als an der Endung des Substantivs. Die Artikel sind also wichtig zur Bestimmung dieser grammatischen Kategorien.

     Die Substantive werden in der deutschen Sprache aufgrund ihres grammatischen Geschlechts (Genus) in drei Klassen eingeteilt. Es gibt das männliche Geschlecht (Maskulinum), das weibliche Geschlecht (Femininum) und das sächliche Geschlecht (Neutrum). Das jeweilige Geschlecht wird unter anderem durch den vorangestellten Artikel angegeben: der Mann, die Frau, das Kind. So ist auch im Rechtschreibwörterbuch das grammatische Geschlecht über die Form des bestimmten Artikels der, die, das angegeben.

    Der Artikel setzt das Gemeinte zum Hörerwissen in Beziehung und markiert etwas als individuell bekannt („Gib mir mal die Uhr“), generell bekannt („die Sonne“ als Unikum, „der Mensch“ als Gattung), aktuell noch unbekannt („Ein Mann betrat die Kneipe“) oder Exemplar einer Art („Ein Fisch hat Kiemen“).

Aufgrund ihrer Funktion werden Artikel zu den Determinativen/Determinantien gezählt. Sie sind wesentlicher Bestandteil einer Nominalphrase.

Grammatisch können im Deutschen Kasus, Genus und Numerus am Artikel angezeigt sein, wie beispielsweise „die Frau“ im Nominativ und Akkusativ oder „der Frau“ im Genitiv und Dativ.

Die indogermanische Ursprache, von der auch das Deutsche abstammt, kannte noch keine Artikel; diese haben sich erst in den modernen germanischen Sprachen wie Deutsch und Englisch, den modernen romanischen Sprachen, den keltischen Sprachen, dem Griechischen, dem Bulgarischen, dem Albanischen und Armenischen herausentwickelt. Im Bulgarischen, im Rumänischen und in den nordgermanischen Sprachen wird der unbestimmte Artikel wie im Deutschen vorangestellt, der bestimmte Artikel jedoch als Suffix realisiert. Im Isländischen etwa kommt es so zur Verschmelzung von Substantiv und Artikel: hestur (isl.) „Pferd“, hesturinn (isl.) „das Pferd“. Grundsätzlich kann der Artikel auch getrennt stehen (hinn hestur); dies ist aber in der Alltagssprache seltener. Im Albanischen wird der Artikel ebenfalls ans Wortende angefügt. Beispiel: mace „(eine) Katze“ – macja „die Katze“.

Die meisten modernen baltischen und slawischen Sprachen (wie etwa das Russische) kennen keine Artikel; dafür können sie Bestimmtheit mittels der Wortstellung ausdrücken (siehe auch Thema-Rhema-Gliederung) und über die verbale Kategorie Aspekt differenzieren. Aber auch Demonstrativpronomina können hier die Funktion des Artikels übernehmen (siehe Gladrow und Birkenmaier in der Literaturliste). In den baltischen Sprachen wird die Bestimmtheit zum Teil mittels langer Adjektivformen ausgedrückt (vgl. lit. jaunas vyras „(ein) junger Mann“ vs. jaunasis vyras „der junge Mann“).

Semitische Sprachen wie Arabisch und Hebräisch kennen zwar bestimmte, aber keine unbestimmten Artikel (siehe Rubrik „Weblinks“). Dagegen sind in Turksprachen keine Artikel bekannt.

In einigen Sprachen gibt es den so genannten Teilungsartikel, so zum Beispiel im Französischen (de) und im Italienischen (di). Auch in einigen deutschen Dialekten gibt es den Teilungsartikel, beispielsweise in der Deutschkärntner Mundart (zum Beispiel ane Erdäpfel).

In der linguistischen Diskussion herrscht Uneinigkeit darüber, ob die bestimmten Artikel als freie Morpheme anzusehen sind, oder ob sie analog zum Demonstrativpronomen {dies-} ein Flexionsparadigma zu {d-} oder {de-} bilden, d.h. der < de-er, die < de-e und das < de-es.

Der unbestimmte Artikel hat keine echten Pluralformen:

Jemand hat gestern ein Buch gekauft. (Singular)

Jemand hat gestern Bücher gekauft. (Plural)

Jemand hat gestern einige Bücher gekauft. (Plural)

Literatur:

1.     Willy Birkenmaier: Artikelfunktionen in einer Artikellosen Sprache. Studien zur nominalen Determination im Russischen. In: Forum Slavicum. Band 34, München 1979 (über die Wiedergabe des deutschen Artikels im Russischen).

2.     Hansjörg Bisle-Müller: Artikelwörter im Deutschen. Semantische und pragmatische Aspekte ihrer Verwendung. Niemeyer, Tübingen 1991,, ISBN 3-484-30267-4 (über den Artikelgebrauch innerhalb einer pragmatischen Theorie der Koordination gemeinsamen Wissens).

3.     Karl Bühler: Sprachtheorie: die Darstellungsfunktion der Sprache. 3. Auflage. Fischer, Jena 1934, § 20. Die Funktionen des Artikels.

4.     Karl Bühler: Sprachtheorie: die Darstellungsfunktion der Sprache (= UTB. 1159). Nachdruck der 3. Auflage. Lucius & Lucius, Stuttgart 1999, §20. Die Funktionen des Artikels, S. 303-315.

5.     Wolfgang Gladrow: Die Determination des Substantivs im Russischen und Deutschen. Eine konfrontative